Im türkisblauen Wasser liegt die Altstadt von Cádiz

Das kommt mir Spanisch vor

Das erste Mal vom Rio Guadiana hat mir Marco erzählt. Das war im Dezember 2022, in einem Brauhaus im Rheinland. Er schwärmte davon, dass man weit ins Landesinnere hineinkommt und wunderbar in diesem Fluss ankern kann. Später hörte ich durch Reinhard von diesem Fluss. Dort habe er eine Boje gemietet, an der er seine “2nd Try 2” liegen lassen wollte, während er sich in heimatlichen Gefilden tummelt.

Gastlandflaggenwechsel: Zurück nach Spanien

Ich fand, dass das alles spannend klang und so wollte ich dem Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien auch gerne einen Besuch abstatten. Nachdem wir eine so schöne Zeit vor Culatra gemeinsam hatten, habe ich mich besonders gefreut, dass auch die beiden Jungs entschieden mitzukommen. Also nochmal ein bisschen Karte geguckt, schließlich hat man am Tag vor unserer Abfahrt direkt vor Faro Orcas gesichtet und eine Route ausgemacht, die es uns ermöglichen sollte, im ganz flachen Wasser fahren zu können.

Die Überfahrt war auch tendenziell ereignislos, bis auf den kurzen Moment wo Gerry knapp davor in der Brandung auf ein Wrack zu fahren. Wir sind brav motort, denn Wind war eher nicht so. Die Einfahrt in den Fluss war dann schon eher interessant, weil dort auch spontan Strömung stand. Natürlich hatten wir die Gezeiten berücksichtigt, und so sind wir wunderbar nach Ayamonte reingezogen worden.

Wirklich spannend wurde es dann im Hafen, als ich der Dame am Funk, die nur ein paar Brocken Englisch sprach, versucht habe zu erklären, dass da jetzt 3 (in Worten: drei) Boote kommen, die gerne einen Platz für die Nacht hätten. Wir haben dann doch irgendwann Boxen bekommen und dann kam der krönende Abschluss. In Spanien ist es, wie in Portugal auch, üblich mit allen Bootspapieren ausgestattet einen langwierigen Anmeldeprozess in den Häfen über sich ergehen zu lassen. Dabei müssen auch die Papiere sämtlicher Crewmitglieder vorgelegt werden. Die arme Dame im Büro war allerdings vollkommen damit überfordert, dass da jetzt 3 (drei!!) Boote angekommen sind, und sie aber nur Papiere von 3 (drei!) Menschen vor sich liegen hat. Wie soll das denn funktionieren?!

Ayamonte als Ort selbst war ganz schnuckelig, machte aber insgesamt eine Sache sehr deutlich: Obwohl wir hier so ganz gerade mal in Spanien waren, sind die Menschen hier weniger willkommen-heißend, es spricht spontan keiner mehr Englisch und die Preise sind auch etwas höher. Wir haben hier trotzdem ein paar nette Tage verbracht, obwohl es tatsächlich mal regnete. Verrückt!

Abschied von meiner kleinen Familie

Dann kam der Tag, auf den ich eigentlich keine Lust hatte. Denn unsere Wege trennten sich hier. Aus beruflichen Gründen konnte ich es mir nicht leisten, nach Porto Santo zu fahren. Da die beiden anderen diesen lästigen Einschränkungen nicht unterlagen, führte ihr Weg nun mal aber dort hin, und meiner ins Mittelmeer.

So kam es, dass ich nach einem schönen Abschiedsabend, morgens um 8 Uhr lostuckerte und Siggi und Gerry nicht. Das Wetter spiegelte meine Gemütslage wider, denn es nieselte, es wehte unangenehm kalt und die Wolken hingen so tief, wie ich es sonst nur vom Kölner Winter gewohnt war.

Andererseits aber sollte meine heutige Route nach Cádiz führen, was aus nicht näher definierbaren Gründen ein Herzensziel meinerseits darstellte. Noch viiiieeeel mehr aber freute ich mich darauf, von Cádiz aus einen Ausflug nach Jerez de la Frontera zu machen und dort eine Sherry Bodega zu besichtigen und mein anderes Leben, das des Pferdemädchens auszuleben und die Real Escuela Andaluza del Arte Ecuestre, also die Königlich-Andalusische Reitschule zu besuchen. Es gibt in meinem Leben drei wichtige Themengebiete, zu denen ich auch wirkliches Expertenwissen besitze: Segeln, agiles Arbeiten und Reiten, weshalb es ein langjähriger von mir gehegter Traum war, eben diese Reitschule zu besuchen.

Einsame Entscheidungen

Am Freitag, meinem letzten Urlaubstag, kam ich also in Cádiz an und folgende Fakten kamen zusammen:

  • Mein Urlaub ging zu Ende, somit hatte ich auf absehbare Zeit nur noch die Wochenenden, um lange Schläge zu machen
  • Die Orcas waren immer noch da, insbesondere zwischen Cádiz und Gibraltar und um ihnen aus dem Weg zu gehen, sollte man möglichst nah am Strand fahren
  • Der Wind würde in der/den nächsten Woche/n aus der falschen Richtung wehen, und das auch noch stark.

Ich konnte mich also entscheiden, entweder ich bleibe noch mindesten 10 Tage in Cádiz, oder ich mache samstags Express-Besichtigungen und fahre am Sonntag nach Gibraltar. Gnasdfajdf. Einer dieser Momente, wo es so richtig geil wäre, einen zweiten Menschen direkt jetzt hier auch bei sich zu haben. Ich war in dem Fall der festen Überzeugung, dass ich alles schaffen werden und entschied mich für Option B.

Andalusien, WOW!

Es ging auch richtig gut los. Cádiz ist ein Träumchen von einer Stadt und erfüllte genau das, was ich mir erhofft hatte: Palmen, Blumen, Papageien. So richtig im Süden angekommen! Ich habe außerdem ein Faible für Bücher, die in genau diesen Settings spielen, war aber noch nie hier. So hatte ich tausendundein Bilder im Kopf und war entzückt, sie in der Realität wiederzufinden. An der Kathedrale in Cádiz fand ein Tanzfestival statt, was noch zusätzliche Stimulation meiner Emotionen bedeutete.

Ich habe 7€ in die Kirche investiert, um die Kathedrale von Innen besichtigen zu können. Als jemand, der lange Zeit in Straßburg und in Köln verbracht hat, beides Städte mit respektablen Kathedralen, muss ich sagen: Da besteht jetzt in Anbetracht des Bauwerks in Andalusien meiner Meinung nach in beiden Städten noch Luft nach oben. Besonders bewundernswert fand ich die Custodia, ein knapp 400kg schweres Etwas aus Silber, das anlässlich der Fronleichnamsprozession durch die Stadt gefahren wird.

Meine Tour führte mich weiter in ein renommiertes amerikanisches Restaurant, in dem ich mir ganz hart gönnte. Anschließend fühlte ich mich gestärkt genug, um noch weiter durch die Stadt zu schlendern und das römische Amphitheater zu besichtigen. Mir gefällt diese Stadt. Man spürt, dass sie im Laufe der Zeit (immerhin seit dem späten 9. Jh. v. Chr.) sehr unterschiedliche Kulturen erlebt hat. Gerade im historischen Stadtzentrum finde ich es spannend, wie eng die Gassen sind und welche verwinkelten kleinen Spezialitätenläden dort beherbergt sind.

Enttäuschung in Jerez de la Frontera

Nach meiner Runde durch Cádiz ging es mit dem Zug nach Jerez de la Frontera. Dabei möchte ich noch kurz erwähnen, dass öffentliche Verkehrsmittel in Spanien unvorstellbar günstig sind und auch noch gut funktionieren!

Als ich allerdings in Jerez ankam, sogar eigentlich schon auf der Fahrt dorthin, stellte sich Ernüchterung bei mir ein. Sowohl Bodegas als auch Reitschule bieten am Wochenende nur am Samstagvormittag Besichtigungen an, und diese hätte man vermutlich auch noch Wochen im Voraus buchen müssen. Ich stand um kurz nach 15 Uhr in Jerez und stellte fest, dass ich hier heute wohl nichts ansehen werde. So kamen dann Zweifel auf. Verschiebe ich meine Weiterfahrt? Ich hatte für den 22. Juni Flüge ab Malaga nach Deutschland gebucht, heute war der 10. Juni und die Wettervorhersagen für die nächsten 10 Tagen sahen echt nicht gut aus. Mit dem Zug von Cádiz nach Gibraltar fährt man über 5 Stunden. Das zusätzlich zum Flug wollte ich dem Kater nicht zumuten. VERDAMMT!

Also biss ich in den bitteren Apfel, schwor mir zu einem späteren Zeitpunkt alles nachzuholen und spazierte halt so ein bisschen durch die Stadt. Auch hier habe ich der armen, armen Kirche 7€ Eintritt gespendet und die lokale Kathedrale besichtigt. Auch hier hatte man eine Custodia rumstehen, allerdings nicht so groß wie die von Cádiz.

Neben den fast schon übertrieben großartigen Kathedralen, entdeckt man bei Spaziergängen durch andalusische Städte immer wieder kleine Andachtsstätten. Altäre, an denen man seinen Glauben und Hoffnung in die kundigen Hände eines Heiligen legen kann. Manchmal sind diese Altäre allerdings, ich würde sagen, anders. So habe ich in Jerez einen gefunden, der mit orthopädischen Werken geschmückt war. Dabei handelt es sich um die „Kapelle der Heilmittel“, was auch die seltsame Dekoration erklärt.

Abschied vom Atlantik

Wieder zurück in Cádiz hieß es erstmal duschen und ein bisschen chic machen, bevor es zum Abendessen ging. Auf dem Plan stand der Besuch des Marktes, an dem man am Abend aus verschiedenen Ständen Essen und Getränke genießen kann. Ich entdeckte eine neue Leibspeise: frittierte Schweineschwarten. Hier bekannt als „Chicharrones“, an anderen Orten als „Terroznos“. Köstlich sag ich euch und der natürliche Feind eines jeden Kardiologen. Ich spürte schon beim Essen, wie die Shorts um die Hüfte rum enger wurde. Um die gesunde Ernährung des Tages abzurunden, sammelte ich noch 2 Flaschen Sherry für das Alkohol-Schapp ein.

Auf dem Weg zurück zum Hafen, bin ich an der Mole von einem der grandiosesten Sonnenuntergänge überhaupt überwältigt worden. Als wollte mir der Atlantik noch ein letztes ordentlich Spektakel bieten, bevor ich ihn verlasse. Während ich so vollkommen sprachlos dastehe, kommen zwei Männer auf mich zu. „Ist das nicht der totale Wahnsinn?!?!“ sprechen sie mich auf Französisch an. Ja, ist es! So durfte ich diesen wunderbaren Moment noch mit zwei Gleichgesinnten teilen. Auch sie Segler, aber auf dem Weg in die andere Richtung.

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