Prinzipiell beherrsche ich die Basics von Segeln. Ich bekomme mein Boot auch ganz ok eingestellt und Menschen mit Ahnung sagen mir nach, ich könnte ganz gut steuern.
Auf dem Schlag nach Nazaré stelle ich allerdings fest, dass ich von VMG-Optimierung, also schnellstmöglich zum Ziel zu kommen, einfach keine Ahnung habe. Ein neues Lernfeld, schön! Das ist sogar eines, das tendenziell wirklich Spaß bringen könnte.
Aktuell ist da allerdings noch relativ wenig Wissen vorhanden und so motorsegle ich ahnungslos in Richtung Süden.
Die Ankunft hat mir meine Routing-Software für 2 Uhr vorhergesagt, also mal wieder Nachtfahrt. Der Tag war vollkommen ereignislos, außer dem obligatorischen Besuch von Pläsir-Delfinen zu Sonnenuntergang. Zu dem Zeitpunkt trennten sich auch die Wege von Solveig und Robulla und mit einem Tränchen in den Augen sagte ich ihnen ganze leise „ce n’est qu’un ‚au revoir‘“.
Nächtliche pffffst
Während ich so auf der typischen Atlantikwelle im Dunkeln vor mich hin rollte, gab es einen kurzen Moment des Schreckens. Tagsüber sind Delphine ja mega geil. Wenn du allerdings in einem Gebiet unterwegs bist, in dem Orcas in den letzten drei Jahren regelmäßig Booten die Ruderblätter abkauten, hört man das „pfffft“ des Ausatmens von Meeressäugern im Dunkeln zunächst mal gar nicht so gern. Im zarten Mondenschein konnte ich dann allerdings kleine schwarze, nicht große schwarze Leiber erkennen und war wieder beruhigt.
Irgendwann merkte ich allerdings, das etwas anders ist. Ich konnte dieses „etwas“ nicht näher identifizieren, das Boot fühlte sich einfach anders an. Dann kam mir die Erkenntnis, dass ich offensichtlich in den Bereich des wirklich tiefen Grabens vor Nazaré eingefahren bin, und die lauten, rauschenden Wellen einfach weg waren. Davon wusste ich natürlich, ich bin hier auch schon mal reingesegelt. Dennoch, wieder eine krasse Erfahrung.
Die Hafenmeister hatten mir angeboten, aufgrund der Ankunft mitten in der Nacht, einfach am Steg für große Boote längsseits anzulegen und am nächsten Morgen in eine angemessene Box zu verholen. Angenehm fand ich es, dass ich in den Nordhafen konnte. Im September 2020 lagen wir im Süden, dort waren die Sanitäranlagen nicht sehr attraktiv und die nahegelegene Fischfabrik dafür sehr laut. Im Norden steht seit November 2022 ein komplett neues Sanitärgebäude und es ist deutlich weniger Laufweg bis zur Stadt und den berühmten Surfstränden.
Brechende Wellen
Für das Wochenende erwartete ich Besuch aus heimatlichen Gefilden. Die Tage vorher habe ich Siggi und Henning kennengelernt, die als Reisegemeinschaft mit ihren Booten auch nach Süden zuckeln. Siggi war ich schon in Povoa de Varzim begegnet, aufgrund unseres Aufbruchs hatten wir aber quasi keine Zeit zu quatschen. Donnerstag kam dann Irene mit dem Flixbus in Nazaré an. Zusammen haben wir einen Tag ganz hart Bergbesteigungstouren mit Erkundung eben der berühmten Surfstrände auf uns genommen, und einen Tag ganz hart rumgechillt, nachdem wir die lokale Wirtschaft durch Shopping von Erinnerungsstücken angekurbelt hatten. Nazaré hat sich auch wirklich Mühe gegeben und uns ganz wunderbare Wellen zur Betrachtung serviert. Erstaunlich fanden wir beide, wie unbeschreiblich laut Wasser sein kann. Auf dem Rückweg vom Leuchtturm haben wir dann noch die Erfahrung machen dürfen, dass Wasser nicht nur laut, sondern auch stark ist, als wir doofen Hühner meinten, in der Brandung spazieren gehen zu müssen und plötzlich Arschbackenhoch im Wasser standen (statt wie eigentlich geplant knöchelhoch).
An diesem Punkt möchte ich gerne Kudos an Irene aussprechen: Als erste hat sie nicht nur Parolen von sich gegeben („oh boah wow, wie schön bei dir, ich komm dich besuchen“), sondern das auch durchgezogen! Dein Besuch hat mich voll Freude gelassen, vielen Dank!
Sonntag wird wohl zum Tag der Trennungen, und so reiste Irene wieder nach Deutschland und nachdem ich sie verabschiedet hatte, schmiss ich die Leinen los um nach Oeiras zu gurken.
Schreibe einen Kommentar