“Weg von der Kälte” war meine größte Ambition, als ich Mitte März in den Flieger gestiegen bin. Obwohl es im Norden Portugals schon deutlich angenehmer war als in der germanischen Heimat, durften sowohl der Heizlüfter als auch der Flanell-Pyjama noch ihren Dienst verrichten. Weiter südlich und mit fortschreitender Zeit wurde die Situation besser und hier in Lagos, angekommen an der wunderbaren Algarve ist es nun wirklich einfach Sommer. So richtig.
Das Thermometer im Boot kratzt tagsüber an den 30°C, der Himmel zeigt sich im prächtigsten RAL 5015 (wolkenlos) und ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich eigentlich auf offenes Schuhwerk, passend zu kurzer Hose und T-Shirt, wechseln würde. Letzteres scheitert allerdings am Mangel an Besitz eines aktuellen Models. Kommt auf die Shoppingliste. Da ich auf großem Fuß lebe wird es vermutlich ein abendfüllendes Shoppingerlebnis.
Ein deutlicher weiterer Indikator für „Sommer“ ist die Menge hauptsächlich deutscher und britischer Touristen hier in Lagos. Die Stadt ist gut gefüllt und quirlig. Mit ihren zig Bars und Restaurants steht ihr das ganz gut.
And the living is easy
Es ist Ostern. Das bedeutet für mich, dass ich ein paar Tage frei habe, um hier ganz gepflegt la vida loca den anderen zu überlassen und mich ausschließlich mit „Nichts“ zu beschäftigen. Ich kann mich inzwischen wunderbar mit der südländischen Art anfreunden, lieber weniger als zu viele Absprachen und Termine zu haben. Es kommt, wie es kommt und es ist noch immer gut gegangen. So lasse ich die Tage auf mich zukommen und als ich dann Bock hatte, bin ich aufgebrochen zur Erkundungstour entlang der Küste, die ich Tags zuvor abgesegelt hatte. Vorher hatte ich noch ein bisschen Pflicht zu erledigen: Anmeldung im Hafen und verholen an einen ordentlichen Liegeplatz. Mit der Anmeldung nimmt man es in Portugal sehr genau und es lohnt sich, eine Mappe mit Registrierung/Eigentumsnachweis und Versicherungsnachweis griffbereit zu halten. Außerdem noch die Ausweise der gesamten Crew. TO-Rabatt gibt es in Lagos erst ab 01. Juni, die Preise sind dennoch angenehm (weil eben noch Nebensaison).
Bootsschuhe sind auch Wanderschuhe
Ein bisschen bedauerlich finde ich immer noch, dass Landschaft, die ich als „schön“ empfinde untrennbar mit Höhenmetern verbunden zu sein scheint. Also marschiere ich los, bergauf und denke an die strammen Waden und den knackigen Hintern, die ich am Ende der Saison haben werde. Vom Hafen geht es den kleinen Kanal entlang, der zur Mündung des Ribeira de Besamfrim führt. Vorbei am ersten Strand, hinauf auf die Klippen, an denen sich Gaia und Poseidon scheinbar gemeinschaftlich künstlerisch verwirklicht haben.
Mir dämmert bei diesem Anblick langsam, warum die Algarve ein beliebtes Reiseziel ist, und ich frage mich, warum ich erst jetzt das erste Mal hier bin. Zudem reift in mir die Erkenntnis, dass man für Durchhalten und Weitermachen belohnt wird. Das wieder einmal in einem atemberaubendem Blau schimmernde Wasser kontrastiert mit dem warmen Ocker der Kalksteinküste, die mit tausenden kleiner Farbklekse in Form von blühenden Pflanzen versehen ist.
Ich hatte ein wenig Sorge, ob meine neuen Bootsschuhe (absolute Kaufempfehlung!) sich als Wanderschuhe eignen würden. Diese Sorge war unberechtigt, denn der gesamte Weg bis hin zur berühmten Ponta da Piedade ist mit einem ganz neuen hölzernen Spazierweg versehen. Entlang der Strecke bietet sich regelmäßig die Möglichkeit, zu einem der vielen kleinen Strände hinabzusteigen. Darauf verzichte ich allerdings. Wir wollen es mit dem Training ja auch nicht übertreiben. Nur zu den Grotten gehe ich hinunter, zusammen mit einigen hundert anderen Menschen. Total ruhig hier! Es lohnt sich allerdings. Das Spiel der Brandung zwischen den Felsformationen ist spektakulär und irgendwie mesmerisierend.
Gin Tonic und Musik
Nach einiger Zeit schaffe ich es, mich loszulösen und schließe meinen Wanderausflug mit einem Spaziergang durch die Stadt ab. Diverse Restaurants locken, der Gedanke im Cockpit der Robulla chillend meinen Beinen eine Auszeit zu gönnen, und dabei vielleicht einen Gin Tonic zu schlürfen ist noch verlockender. Außerdem wartet bestimmt ein hungriger Kater an Bord. Der Abend wird abgerundet durch den Auftritt einer Band in einem der Lokale in der Marina, deren Musik ich in meiner schwimmenden Laube entspannt lausche. So kann gerne der gesamte Rest des Jahres verlaufen. Sommer, und das Leben ist einfach.
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