Culatra – Insel des Schreckens?

Nachdem ich vor Alvor an meiner Tiefenentspannung gearbeitet hatte, zog es mich zur famosen Insel Culatra, wo im Rahmen eines Kater über Bord Manövers jegliche Entspannung wieder flöten ging.

Als ich nach Alvor reingefahren bin, hatte ich schlaues Mädchen eine Track-Aufzeichnung auf dem Plotter mitlaufen, so dass ich beim Rausfahren nur noch meinem Track folgen musste. Haha. Denkste. Weil ich mit den letzten Zügen des ablaufenden Wassers mitfahren wollte, war jetzt natürlich der Wasserstand ein wenig niedriger als bei meiner Einfahrt mit den letzten Zügen des auflaufenden Wassers. Da mir die ganze Flussmündung eh etwas Spanisch vorkam, fuhr ich nur mit minimaler Fahrt. Das war auch gut so, denn ich habe mehrfach die tatsächliche Wassertiefe mit dem Kiel loten dürfen.

Hier fuhr ich nun, ich armer Tor und wollte weg von Alvor.

Jetzt passte hier schlicht und ergreifend gar nichts mehr, weder Karte noch Tonne. Nachdem ich mir ein paar Bedenkkreise Zeit gegeben hatte, wie ich aus dieser Misere nun rauskommen wollte, kam mir mein Wissen aus der Youtube-Akademie zugute. Wie die „echten“ Blauwassersegler in verlorenen Atollen im Pazifik beschloss ich, dass hell = böse und dunkel = gut bei der Farbe des Wassers bedeutete und konnte somit einen für mich funktionieren Weg finden.

Hinter mir sah ich eine weitere Segelyacht, deutlich größer und vermutlich auch deutlich tiefer gehend als Robulla, mit einer Crew, die sich sicherlich gefragt hat, was das andere Boot für komische Manöver macht, und eine schräge Route wählt. Sie waren flott unterwegs und fuhren offensichtlich nach Karte, bis das Boot an einer von mir auf weniger als 1,75m geloteten Stelle plötzlich heftig nickte und dann zunächst gar nicht mehr fuhr. Mein erster Tipp für heute: Wenn ein Boot vor euch ganz schräge Dinge macht, gönnt euch den Moment der Reflektion und fragt euch, welche Gründe das haben könnte und ob die vielleicht auch für euch relevant sind.

Mal wieder Rafting

Anyway, zurück zu mir. Robulla fuhr zur Aussteigerinsel, Wind brieste immer mehr auf und zu meiner Freude setzen sich auch Gerry und Siggi von Portimao aus in Bewegung, um mich in der Lagune zu treffen.

Die Einfahrt nach Faro, Olhao und eben der besagten Insel ist ein wenig spannend. Hier muss durch ein kleines Loch ziemlich viel Wasser durchfließen und das führt gerne mal zu einer stehenden Welle und wilden Rafting-Erlebnissen. Robulla kann das mittlerweile, die Skipperin findet es auch lustig und als wir dann drin waren habe ich uns zielsicher den schlechtesten aller Ankerplätze gesucht. Voll im mittlerweile mit 25kn blasenden Wind und der damit verbundenen Welle und genau in der Einflugschneise aller Fischer, Wassertaxis und Flugzeuge. Nachdem ich aber schon 40m Kette unten hatte und der elektrische Teil der Ankerwinde leider immer noch seinen Job versagte, war meine Motivation daran etwas zu ändern eher gering.

SCHEISSE!

Noch schnell das Boot klar machen und dann Dinge tun. Beim letzten Rundgang über Deck dachte ich noch, dass dadurch, dass ich die Solarmodule zur Sonne hochgeklappt hatte, der Spalt zwischen Sprayhood und den Modulen relativ eng ist und der Kater an der Stelle schon mal Probleme hatte, über das Cockpitsüll zu klettern.

besagte enge Stelle

Das Schlauchboot hatte ich luftlos an Deck festgebunden und da heute auch keine Ausflüge mehr anstanden und das Wetter eh doof war, änderte ich daran auch nichts.

Später, als ich bereits in der Koje lag und schon langsam wegdämmerte, beschloss der Kater noch eine Runde um das Boot zu drehen. Das macht er immer im Uhrzeigersinn und es scheint auch nicht möglich zu sein, umzudrehen und auf dem Weg, auf dem man gekommen ist, wieder ins Cockpit zu gelangen. Auch nicht, wenn man unterwegs Hindernissen begegnet. Ich hörte, wie er an Backbord auf das Laufdeck hüpfte. Dann sein „tap tap tap“ rund um das Boot, bis zu der oben genannten engen Stelle an Steuerbord. Ich bilde mir ein, ein Kratzen gehört zu haben. Dann nichts mehr. Ich liege da, und höre in die Nacht. Das Wasser plätschert am Boot. Ich rufe den Kater, aber er kommt nicht. Dann ein Kratzen am Rumpf nahe meiner Koje, die achtern an Backbord ist. FUCK FUCK FUCK FUCK. Der Kater ist über Bord.

Kater über Bord Manöver

Ich befreie mich so gut es geht aus meiner Höhle. Die Kontaktlinsen habe ich zum Schlafen rausgenommen, wo zur Hölle ist meine Brille? Wo ist der Schalter für das Deckslicht? Scheisse. Egal.

Raus ins Cockpit, sehen tue ich nichts. Ich höre kein Miauen, nur das Kratzen am Rumpf. Also rein ins Wasser und hoffen.

Als ich die Badeleiter runtergeklettert war, höre ich endlich ein klagendes Mauzen und erkenne, dass der Kater unfassbar tapfer auf mich zu geschwommen kommt. Ich nehme ihn in den Arm und bereite mich mental auf die Schmerzen vor, die scharfe Krallen verursachen, wenn sie sich an Fleisch festklammern. Aber da kommt nichts. Der Kater scheint das jetzt nicht so großartig zu finden, aber keine Spur von Panik. Ich bin überrascht.

Mit dem Kater im Arm klettere ich die Badeleiter hoch und marschiere durch bin in die Nasszelle. Den Kater einmal auswringen, dann das restliche Salzwasser auswaschen und trocknen. Im Anschluss inhaliert Abahadschi zwei (!) Beutel Nassfutter. Wir zittern jetzt beide: er, weil er nur Haut und Knochen ist und somit schnell auskühlt, ich vor Schreck.

Die Wichtigkeit von „machen“.

Nachdem wir beide halbwegs trocken waren und uns wieder in die Koje begeben hatten, konnte ich die gesamte Kater über Bord Situation reflektieren. Wir hatten unbeschreibliches Glück, dass der Wind deutlich abgeflaut hatte und es gerade Stillwasser war. Seit vier Jahren fuhr ich schon das Relingsnetz mit mir herum, was hat mich bisher daran gehindert, es anzubringen? Warum habe ich, obwohl ich die die Problematik am Cockpitsüll schon erkannt hatte, einen plötzlichen Anfall von extremer Faulheit und habe es nicht geändert? Warum ist meine Brille nicht auffindbar, wenn ich sie zum Sehen brauche?

Ich bin dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, aus meinen Fehlern zu lernen und nicht mit den Konsequenzen meines idiotischen Handelns (oder eher nicht-Handelns) leben muss.

Es ist wie mit dem Reffen und so vielen anderen Dingen: Wenn du darüber nachdenkst, um Gottes Willen, mach es! Einfach machen! Keine Ausreden, keine Faulheit. 30 Sekunden investiert und gut ist.

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