Huiuiuiui.

Dieses Gefühl, das das erste Mal in Camaret aufgetaucht ist, ist jetzt wieder da und noch tausendmal stärker. Weil: es ist soweit. Die Geburt ist eingeleitet und gleich (oder so) geht es los.

Mein längster Schlag bisher, also nicht nur einhand, sondern überhaupt, waren die 140 Seemeilen von Boulogne-Sur-Mer nach Cherbourg, die ich letztes Jahr in einem Stück gefahren bin. Der Empfehlung des Wetterroutings folgend, liegen nun 301 Seemeilen vor mir. Vor mir liegt also etwas, das für mich ganz ganz groß ist.

Kann ich das? Schaffe ich das? Kann das Boot das?

Ja.

Das Boot kann das sowieso, die Technik funktioniert, die notwendige Ausrüstung ist vorhanden. Das Boot und ich sind ein eingespieltes Team. Ich weiß, wie Robulla funktioniert. Zum Teil, weil ich die entsprechenden Teile selber eingebaut habe, größtenteils aber weil ich kontinuierlich meine Komfortzone erweitert habe. Ich habe Dinge ausprobiert, umgestellt, nochmal probiert. Ich kenne diesen Kahn!

Schlafmanagement habe ich nun auch mehrfach geübt, das sitzt. Bücher sind auf dem eBook-Reader gebunkert (übrigens: für schlanke Taler bieten die meisten Stadtbibliotheken auch eBooks an!) und ein Rätselheft ist auch an Bord.

Ich habe genug frische Lebensmittel, Konserven, Katzenfutter und Wasser gebunkert, um problemlos zwei Wochen zu überstehen. Heute werden nochmal ein paar Liter Diesel nachgekippt und der Reservekanister aufgefüllt. Es ist nicht so, als würden die 150l im Tank bei einem Verbrauch von 1,8l/h nicht eigentlich schon bis nach Spanien reichen. Die 10l Reserve sind rein aus psychologischen Gründen wichtig.

Mit meinem besten Segelmentor der Welt habe ich diverse „Was wäre wenn…?“-Szenarien durchgespielt und hatte den Eindruck, für alle eine zufriedenstellende Antwort parat zu haben.

Das macht dieses Gefühl noch größer, noch wichtiger und irgendwie auch erschreckender. Denn vor mir liegt nicht nur etwas Großes. Ich habe außerdem in mir die Gewissheit, dass es für mich kein Problem darstellen wird.

Sag mir quando, sag mir wann

Wann. Wann fahre ich jetzt wirklich los. Das, mein:e liebe:r Leser:in, ist die alles entscheidende Frage! Gestern morgen stand fest, dass ich Donnerstag nach Durchzug der Gewitterfront ablege. Nun scheint die Gewitterfront fort, dafür kommt da so ein Flautenfeld rein. Jaha, weniger als 10 Knoten von schräg hinten sind für Robulla Flaute. Seit ca. einer Woche aktualisiere ich viel zu oft Windy, schaue auf die Prognosekarten des DWD und lasse LuckGrib ungefähr stündlich die Routen rechnen.

Fest steht, dass ich irgendwann zwischen Mittwoch Abend und Donnerstag Morgen ablegen werden. Wann genau das ist, werdet ihr im AIS sehen 😉

Und die Orkas?!

Ach ja. Die gibt es ja auch noch. Und doofen Nebel bei Ankunft. Und Wellen und Wind und Meerjungfrauen. So vieles, das einem passieren kann. Ich habe alle von mir irgendwie beeinflussbaren Risiken, mit den mir gegebenen Mitteln, auf ein für mich akzeptables Niveau reduziert. Ich habe außerdem die Ressourcen in Form von Erfahrung, Wissen, Material, Technik und Versicherungen, um mit dem Rest umgehen zu können. Was dann jetzt noch übrig bleibt, muss ich akzeptieren, oder das gesamte Unterfangen einfach lassen.

Sollte ich also tatsächlich bisswütigen Orkas begegnen, dann ist das so. Robulla wird durch einen Angriff höchstwahrscheinlich nicht sinken. Wenn doch, hat sich wenigstens die Investition in die brandneute Rettungsinsel gelohnt. Dennoch würde ich den umtriebigen Meeressäuger selbstverständlich mit meinen paar Brocken Spanisch freundlich nahelegen, einfach weiterzuziehen, und sie um zwei Bier bitten.

Was nun?

Nun genieße ich dieses Gefühl noch einen Moment. Dann fahre ich los.

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2 Antworten zu „Huiuiuiui.“

  1. Avatar von Uwe
    Uwe

    Wie immer, schön geschrieben! Fair Winds, Sakia.
    LG Uwe

  2. Avatar von Kokopelli
    Kokopelli

    Ich wünsche dir und deinem First Mate eine glückliche Reise und eine sichere Ankunft.

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