Uiuiui. Das hat dann gestern noch „a weng“ aufgebrist. Dann standen da doch plötzlich über 30 knoten True auf der Uhr und die Welle um und bei 2m, und die Hafeneinfahrt war auf einmal so | | schmal 😂
Das war das erste Mal, dass ich wirklich die Hosen voll hatte. Ich stand mit zitternden Knien am Steuer, mein Herz raste, die Zeit verlangsamte sich. Spannend fand ich, dass ich das ganz bewusst wahrgenommen habe und ich mir dachte „jetzt habe ich Schiss“. Hilft alles nichts, muss man durch. Also den Motor eingekuppelt während die Genua noch zog und dann… rein da!
Der Kater sitzt im Salon und moppert. Würde ich auch. Ich rufe zu ihm runter „noch zwei Wellen, Digga!“. Die Wellen kommen jetzt nicht mehr wie auf der Überfahrt von Achtern, sodern genau von Querab und werfen meine Dicke auf die Seite. In Gedanken sehe ich Robulla schon an der Mole zerschellen. Noch eine Welle. Die Genua flattert, weil sie noch auf raumen Wind getrimmt ist. Egal, in 4 Jahren gibt es eine neue. Ich kann nicht wie sonst mit dem Fuß den Gashebel betätigen, dafür schaukelt es zu sehr. Also einmal bücken, Hebel runterdrücken. Drin.
Immerhin, die Welle war weg, der Wind mitnichten. Anlegen will man aber schließlich ja auch noch und irgendwer sollte jetzt Festmacher und Fender an das Boot tüdeln. Der Vorhafen fühlt sich plötzlich ungefähr so groß an wie mein Wohnzimmer. Es ist nah an Hochwasser, also habe ich etwas mehr Spielraum. Viel ist es aber trotzdem nicht. Taktisches „Boot vom Wind vertreiben lassen“ hilft. Eine Sache festbinden, dann schnell wieder Boot ausrichten.
Die Marineros weisen mir einen Weg in die Box, ich sehe allerdings nicht so wirklich, wo sie verschwinden. Immerhin haben sie mir gesagt, auf welcher Seite der Fingersteg ist. Ich fahre auf die „Beluga“ zu, Ralph winkt mir, ich winke zurück. Die Boxengasse ist schmal, ich soll gegen den Wind anlegen. Mein übliches „wenn du nicht noch nicht langweilst, ist es noch zu schnell“ wird dieses Mal nicht funktionieren, hier muss Gas im Spiel sein.
Ich erkenne schließlich die Lücke, in die ich reinfahren soll und habe ein Déjà-Vu, als ich mit der Etap22 in Port Miou noch zwei Boote auseinanderdrücken musste, um in die Lücke zu kommen. Da lag man aber an der Mooring mit Heck zum Steg und die Boote hatten Spiel. Hier ist es einfach nur eng. Aus dem Augenwinkel lese ich den Namen am Heck meiner neuen Nachbarn. Es ist die „Hein Mueck“, die ich das erste Mal während der Anfahrt nach Cherbourg auf dem AIS gesehen hatte. Die Eigner waren mit Fendern bewaffnet, ihr Boot war auch ordentlich abgefendert. Gut so, denn darauf hatte ich mich verlassen und an Robulla nur auf der Stegseite Fender angebracht.
Also, mit Schmackes Ruder nach Backbord und Gas, damit der Bug wirklich gegen die 27 Knoten Wind rum geht. Neben den Marineros standen auch noch die Crews der beiden genannten Boote parat, um die Leinen anzunehmen. Robulla lehnte an ihrer Nachbarin, Leinen waren fest. Mein erster Satz: „und ich habe kein Bier mehr an Bord.“
Alles gut gegangen, trotz Herzrasen und voller Hosen. Ich hatte allerdings auch nie Panik. Ich wusste jederzeit, was ich als Nächstes tun musste. Meine Prioritäten waren ganz klar sortiert. Ich wusste, wie ich die Manöver zu fahren habe, worauf ich achten muss, wann ich Gas geben und wann ich abbremsen muss.
Ich bekomme öfter mal zu hören, ich sei eine Streberin, Schein-Seglerin, Besserwisserin, Segelmusterschülerin. Ich glaube aber, dass genau das mir hilft, solche Manöver dann doch irgendwie souverän zu fahren. Ich habe mir die Theorie angeeignet, Bücher gelesen, Videos gesehen und noch viel wichtiger: Mit erfahrenen Menschen Situationen und Möglichkeiten durchgesprochen. Ich habe mir ihre Storys angehört, was gut funktioniert hat, was schief gelaufen ist, wie sie es anders machen würden. Das alles habe ich in mein kleines Köfferchen gepackt, aus dem ich mich jetzt bedienen kann. Dafür bin ich sehr dankbar.
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