Einsam.

Ich habe mal geschrieben, dass ich zwar einhand segle, aber nicht einsam bin. Einhand, weil ich war nicht allein an Bord. Ich hatte ein tapferes, treues Seelchen an meiner Seite. Ein zierliches kleines Wesen, ohne Hände aber mit vier Pfoten und mit riesiger Persönlichkeit.

Hatte.

Denn nun ist er nicht mehr.

Mein flauschiger Matrose, der Kerl, mit dem im Arm ich die letzten 19 Jahre eingeschlafen bin und mit dem ich eine eingespielte Morgenroutine hatte, der mich durch Trennungen, den Tod meiner Eltern, durch Mastbrüche und diverse Lebensabschnitte begleitet hat, ist heute zur letzten Reise aufgebrochen.

Er war dabei nicht allein und ich war dabei nicht allein. Der kleine Häuptling Abahadschi hatte eine wundervolle Tierärztin. Sie hat es ihm ermöglicht, zuhause, in meinen Armen, ganz sanft über die Regenbogenbrücke zu gehen. Ich habe eine wundervolle Freundin, die ihm und mir beiseite gestanden hat.

Obwohl ich viele Menschen um mich herum habe, die mir wichtig sind, die aufrichtig mitfühlen und die mir Beistand leisten, fühle ich mich so unbeschreiblich einsam. Meine Wohnung ist leer und leblos.

Heute ist ein Stück von mir gegangen.

Die alten, bösen Lieder,
Die Träume schlimm und arg,
Die laßt uns jetzt begraben,
Holt einen grossen Sarg.

Hinein leg ich gar Manches,

Doch sag ich noch nicht was;

Der Sarg muß sein noch größer
Wies Heidelberger Faß.

Und holt eine Totenbahre,
Von Brettern fest und dick:
auch muß sie sein noch länger
Als wie zu Mainz die Brück.

Und holt mir auch zwölf Riesen,
Die müssen noch stärker sein
Als wie der heilge Christoph
Im Dom zu Köln am Rhein.

Die sollen den Sarg forttragen
Und senken ins Meer hinab,
Denn solchem grossen Sarge
Gebührt ein grosses Grab.

Wißt ihr, warum der Sarg wohl
So groß und schwer mag sein?
Ich legt auch meine Liebe
Und meinen Schmerz hinein.

Heinrich Heine – Buch der Lieder (1827)

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Eine Antwort zu „Einsam.“

  1. Avatar von Ricci
    Ricci

    Wie traurig 😢
    Heinrich Heines Worte beschreiben sehr gut die Gefühle in solch einer schweren Zeit.
    Viele Jahre war Dein kleiner Flauschtiger Teil Deines Lebens. Diese Leere von einem auf den anderen Tag muss unererträglich sein. Nimm dir Zeit zum Trauern.
    Lass Dich aus der Ferne umarmen.
    Herzlichst, Ricci

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