Durchgepustet

Wir haben Jahrestag. Den Fünften. Also Holz.

Das Boot und ich sind nun seit fünf Jahren in einer wie auch immer gearteten Beziehung und irgendwie ist bei mir dieses Jahr ein wenig die Luft raus. Ich bin noch nicht so richtig in Stimmung.

Meine Liste an Sachen, die am Boot gemacht werden sollten, ist aufgrund meiner sich neu-findenden Einkommenssituation zwar drastisch reduziert worden, dennoch irgendwie lang.

Im Auto, dass ich unter dem Boot geparkt habe, liegen die Cockpit-Hölzer und warten auf ihren Einsatz, eigentlich ja zum Jahrestag. Die müssten noch geschraubt und geschliffen und gemacht werden. Dann noch die Wellendichtung, die neue Scheibe für die Vorschiffsluke, die Spüle, das Propeller-Antifouling und die 160 Schrauben der undichten Fenster, die einmal raus- und dann später wieder reingeschraubt werden wollen.

Nur ist hier gerade das, was der gemeine Segler als Mistral bezeichnet und im Volksmund mit „es kachelt“ ganz ordentlich beschrieben wird. Das bedeutet, dass das Boot selbst auf dem Bock schaukelt und ich, sobald ich mal den Kopf raushalte, keine Locken mehr habe.

Zur Folge hat diese Wettersituation zum einen, dass ich echt Kopfweh habe, zum anderen, dass arbeiten draußen in der schnellen Luft nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig ist und deshalb auch gerade einfach nicht stattfindet.

Also sitze ich jetzt im Boot, schmolle ein wenig vor mich hin und frage mich, was ich hier eigentlich tue. Ist das hier noch das Richtige für mich? Fühlt es sich noch gut an? Ich glaube: Ja. Der Kahn muss halt mal dringend wieder ins und ich aufs Wasser. Letzteres passiert schon in genau zwei Wochen, denn dann geht mein Flieger nach Sint Maarten, zur Balu.

Das wird noch eine Herausforderung. Bunkern und Boot parat machen und Wetterrouting und gleichzeitig viele neue krasse Eindrücke sammeln bei meinem ersten Besuch in der Karibik. Ich bin aufgeregt und freue mich. Auf türkises Wasser und neue Erfahrungen und Segeln und die Azoren.

Moment mal! Freue ich mich jetzt an unserem Hochzeitstag aufs Fremdgehen?! Während Robulla hier ihr tristes Mistral-Dasein als nackiges Boot an Land fristen muss, frohlocke ich bei dem Gedanken daran, mich auf einem anderen Boot zu amüsieren.

„Aber Schatz“ denke ich, „so ist das gar nicht! Ich gucke nur. Appetit wird man sich doch auch woanders holen dürfen, oder? Das hat doch auch gar nichts mit dir zu tun. Und lieben, ja so richtig durch die guten und die schlechten Zeiten hindurch lieben und begleiten, tue ich nur dich. Versprochen“.

Ob sie mir das glaubt?

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