Mallorca Teil 2

Getreu dem Motto „Mallorca ist nur zweimal im Jahr“ bin ich zurück auf der Insel und somit auch wieder auf Robulla.

Diese wurde von einem Freund von mir in S’Arenal geparkt, was sich aufgrund der Nähe zum Flughafen angeboten hat. Mir hat es die Möglichkeit gegeben, einen kleinen Einblick in die fabelhafte Welt des Bierkönigs, Megaparks und Konsorten zu bekommen, während ich im Bus zum Hafen reiste.

Entschleunigung

Den kleinen Matrosen habe ich selbstverständlich auch noch eingesammelt und als vollständige Crew beschlossen, dass wir hier an Bord in der nächsten Zeit unseren Fokus auf das Thema „Reduzierung des Stresslevels“ legen. Abahadschi möchte seinen Teil dazu beitragen, indem er einfach noch süßer und cooler ist als sonst schon. Robulla hat bei dem Thema geschwiegen, was mich ein bisschen Schlimmes ahnen lässt. Ich nehme mir vor, mir nichts vorzunehmen. Zumindest möchte ich mir keinen Druck machen, noch die gesamte Insel entdecken zu wollen oder sonst so Kram.

Einzige Rahmenbedingungen:

  1. Cabrera muss
  2. Am 06. September muss ich in Marseille sein.

Da diese Beschlüsse am 20. August gefasst worden sind, war das dann auch schon eh nicht mehr eine Ewigkeit, die für Mallorca übrigblieb.

Zunächst verlegte ich das Boot an einen „sicheren“ Ort. Colonia de Sant Jordi kannte ich schon, Wind stand auch gut, um dort vor Anker zu gehen und es ist perfekt geeignet für den Sprung nach Cabrera.

Die nächsten Tage war ich hauptsächlich damit beschäftigt, die Buchungsseite für Cabrera regelmäßig neu zu laden und zu Schnorcheln. Oder auf meiner Luftmatratze rumzuchillen. Ich erweiterte den Fuhrpark sogar noch um eine Lounge-Luftmatratze mit Getränkehalter. Weil ich’s kann!

Ich hatte dann auch tatsächlich Glück und konnte schon zwei Tage später für 2 Nächte in Folge eine Boje auf Cabrera ergattern.

Cabrera

Nach entspannten 1,5 Stunden Motorfahrt in das Naturschutzgebiet konnte ich umgehend feststellen, dass „Entschleunigung“ hier großgeschrieben wird.

Mittlerweile komme ich mir bescheuert vor, denn: Das Wasser ist hier NOCH krasseres Blau als bisher. Schnorcheln braucht man nicht, man guckt einfach ins Wasser.

Selbstverständlich hat mich das aber nicht davon abgehalten, mehrere Schnorchel-Touren zu machen. Vom kleinen Strand in der Bucht aus gibt es einen Schnorchelpfad mit Infotafeln. Diese sind sogar zweisprachig: Spanisch und Castellano.

Hier gibt es eine reiche Vielfalt an Fischen zu bestaunen. Ganz kleine und ganz große und alle sind überraschend wenig scheu. Eine bestimmte Art ist nahezu aufdringlich und umkreist einen ganz gerne mal. Ich fühle mich, als stünde ich in einem Aquarium. Ja. Doch. Tauchschein folgt.

Neben den vielen Fischis bietet Cabrera noch eine andere bekannte Attraktion, die blaue Grotte. Um diese zu erkunden, sattle ich den Bertl, pack den Reservekanister und ein bisschen Proviant ein und gemeinsam düsen wir los. Inzwischen erleide ich auch keine Todesängste mehr bei Fahrten mit dem Schlauchboot. Ganz im Gegenteil, ich habe den Rausch der Gleitfahrt entdeckt und habe sogar Spaß daran.

Leider hat dann bei Ankunft an der Grotte mein mobiles Endgerät seinen Dienst nicht vollständig verrichten wollen und so gibt es nur ganz schlechte Fotos.

Cabrera kann ich auf jeden Fall als Ort der Entspannung empfehlen, auch der Besuch in der einen Kneipe ist lohnend. Dort herrscht eine seltsam gemeinschaftliche Stimmung. Man ist halt jetzt hier zusammen.

Von der kleinen Insel bei der größeren Insel ging es für mich gemütlich weiter entlang der Süd-Ost Küste Mallorcas. Mein Ziel war der Hafen von Cala Ratjada. Dort wollte ich das Boot auffüllen mit Wasser, Trinkwasser und Nahrung und auf ein passendes Wetterfenster für die Passage nach Frankreich warten.

Es fällt Wasser… vom Himmel?!

Reserviert hatte ich ab Sonntag-Mittag, dementsprechend einige Tage Zeit, um dorthin zu kommen. Samstag ankerte ich im „Vorhafen“ von Porto Cristo. Für Sonntagnachmittag war stärkerer Wind vorhergesagt, also beschloss ich gegen 10 Uhr Ankerauf zu gehen, um rechtzeitig im Hafen zu sein. Die Distanz zwischen den beiden Häfen beträgt 12 Seemeilen, unter Motor rechne ich dafür eben 2 Stunden ein.

Morgens dann große Überraschung: Es fällt Wasser vom Himmel! Ein Phänomen, dass ich seit Wochen (Monaten?) nicht mehr erlebt hatte. Seltsam, wo kommt das denn jetzt her? Wetter-App gecheckt, für den Vormittag ein bisschen Regen, aber keine größeren Mengen, und wie bisher Wind 10-15kn von vorne, dafür dann am Nachmittag so richtig viel Gewitter, Regen und Wind.

Ok, dann mal heute das Schlauchboot nicht im Schlepp, sondern wegen der einfacheren Hafenmanöver an Deck verstaut. Segel brauche ich nicht hochziehen, Wind kommt eh direkt auf die Nase.

Meine Abfahrtszeit von 10 Uhr habe ich nur um 15 Minuten verpasst, lag also gut im Plan. Weil ich manchmal ein bisschen doof bin, hatte ich die gegenan stehende See nicht einkalkuliert, die es mir nicht ermöglichen würde mit den geplanten 6 Knoten voranzukommen. Das Boot stampft sich ab und an mal in den Wellen fest und das geht auf die Geschwindigkeit. Zudem war der Wind stärker als vorhergesagt, auch das beschleunigt nicht.

Da fuhren wir noch ganz unbedarft nach Norden.

Beschleunigung

Um kurz vor 12 war ich noch rund 5 Seemeilen von Cala Ratjada entfernt und beobachtete folgendes: innerhalb von Minuten drehte der Wind um 90°, dann war er ganz weg und es wurde dunkel.

Das sieht nicht gut aus

Ich habe noch gerade den Kater unter Deck befördert, das Steckschott rausgekramt und eingesetzt und mich eingepickt (Weste hatte ich schon an), bevor die Hölle ihre Tore öffnete. Das Boot wurde einmal kurz auf die Seite geworfen bevor ich den Autopiloten deaktivieren konnte, um hart abzufallen. Innerhalb von Sekunden war ich, unter dem Bimini stehend, bis auf die Unterhose nass. Sicht? Nope, haben wir nicht mehr. Ok, fahre ich halt 90° zum eigentlichen Kurs und gucke mal, was passiert. Der Spuk dauerte auch nicht mehr als 10 Minuten, dann wurden Wind und Regen deutlich weniger und ich konnte meinen eigentlichen Kurs wieder aufnehmen. Kurz überlegte ich umzudrehen, aber aktuell waren die Bedingungen ok und auf der Strecke lagen noch diverse Buchten, in denen man mit ablandigem Wind hätte ankern können.

10 Beaufort

Zwischenzeitlich hatte sich der Hafenmeister aus Cala Ratjada per Whatsapp bei mir erkundigt, ob ich plane zu kommen, was ich positiv und mit mittlerweile 13 Uhr bis 14 Uhr als ETA beantwortete.

Gegen die Wellen zu fahren ist jetzt nicht der allergrößte Spaß auf Erden und so war ich unendlich dankbar, als der Plotter eine Restfahrtzeit von unter 30 Minuten anzeigte für die verbleibenden ca. 2 Seemeilen.

Diese Dankbarkeit währte nur kurz, denn ich habe eine Wette verloren. Nach dem ersten Gewitter behielt ich konstant das Wetterradar im Blick. Da näherte sich noch eine richtig dicke Schauerfront und ich habe gewettet, dass ich im Hafen bin bevor sie mich erreicht. Wie gesagt, diese Wette habe ich ganz radikal verloren, als mir die erste 30er Böe volle Latte ins Gesicht schlug. Boot war schon zu und der Kater verstaut, also nur noch eben den Autopiloten deaktivieren und abfallen. Bedeutete in dem Fall, um 180° wenden. Ok, wenn das nur so kurz ist wie vorhin, kann ich damit leben.

War es aber nicht und der Wind wurde immer stärker. 46 Knoten. 52 Knoten. Da habe ich dann keine Gelegenheit mehr gehabt, nach der Windstärke zu gucken denn ich konzentrierte mich nur noch auf das Ablaufen vor Top und Takel. Die Maschine hatte ich ausgekuppelt und deshalb weiß ich, dass Robulla Sprayhood und Bimini ausreichend Segelfläche bieten um sie unter diesen Bedingungen auf Rumpfgeschwindigkeit zu beschleunigen.

Cala Ratjada zu erreichen hatte ich vom Plan gestrichen, jetzt war hier erst Mal Erik Aanderaa gefragt. In der Situation habe ich den Mann deutlich besser verstanden. Er macht Sachen wie sich einen 10er Sturm zu gönnen, weil er es kann. Ich merkte, ich kann das hier auch. Das Boot eh. Easy.

No Bullshit, Just Sailing

Zwischendurch mal kurz den Plotter gecheckt. Nach einer knappen Seemeile scharf rechts abbiegen, da sollten wir gut geschützt ankern können. Also schön die Wellen bis dorthin ausreiten und nicht so etwas Dummes wie eine Breitseite kassieren.

Das Leben etwas schwerer gemacht hat mir die Tatsache, dass ich mittlerweile nicht nur vollkommen durchnässt, sondern auch noch ziemlich ausgekühlt war.

Umso erleichterter war ich, dass in der Cala Canyamel tatsächlich „nur noch“ 25-30 Knoten Wind bliesen und der Ankergrund aus bestem Sand bestand. Ganz nah ran an die Landabdeckung gefahren, den Rocna über Bord geschmissen und da ich das einzige Boot weit und breit war, noch rund 45m Kette bei 7m Wassertiefe hinterher. Eingefahren habe ich den Anker nicht. Der Wind hatte das Boot gut beschleunigt und dann wurde es rabiat abgebremst, der Anker saß bombenfest.

Ich habe noch ein bisschen was an Deck weggeräumt und das Bimini weggeklappt, unter Deck die gröbsten Wassereinbrüche (von oben!) versorgt und mich dann mit trockener Kleidung auf die angenehm warme Kiste vom Motor gehockt.

Gegen 21 Uhr zog eine letzte Gewitterfront durch. Ich habe zur Sicherheit mal das Firmenhandy im Backofen geparkt. Das private Handy hatte den Anker-Alarm an, das musste bei mir bleiben. Dann habe ich hervorragend geschlafen, weil: kein Schwell! Ganz flaches Wasser in meiner Bucht.

Eindrücke der Front, die um ca. 21 Uhr am 27. August 2023 über Mallorca hinweg zog

Cala Ratjada

Am nächsten Morgen habe ich es doch noch in den Hafen geschafft. Der Hafenmeister begrüßte mit sehr freundlich mit den Worten „du bist vollkommen verrückt!“.

Tipp: In Cala Ratjada mit dem Bug am Steg anlegen, dieser ist nämlich enorm hoch. Alternativ auch gerne mit dem Heck und den anderen Booten ein bisschen Klettershow bieten. So wie Dietmar das gemacht hat.

Dietmar ist das Crewmitglied von Peter. Die beiden lagen mit Peters Hunter 34 neben mir, beziehungsweise, um genau zu sein: ich habe neben ihnen angelegt. Irgendwie sind wir ins Plaudern gekommen und dann kam eins zum anderen und schwupps war es nachts um 2 Uhr und vielleicht war auch Alkohol im Spiel. Vielen Dank Jungs für den schönen Abend!

Die beiden fuhren am nächsten Tag weiter, ich bepackte mein Boot erneut mit allem, was man so auf hoher See braucht, denn es zeichnete sich ein geeignetes Wetterfenster am Donnerstag ab, um nach Frankreich rüberzumachen. Vorher ging es noch ein letztes Mal hier zum Anker in die Cala Agulla

So neigte sich meine Zeit auf den Balearen auch schon dem Ende zu. Schön war es hier. Ich denke, ich komme wieder.

Achso. Schäden durch den Sturm? Ein kleiner Riss im Lazybag und ein vollkommen zerlegter Verklicker, dessen Überreste bei jeder Bewegung erbärmlich quietschen.

Nicht mehr viel übrig. Quietscht aber sehr laut.

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