Das gemeine Schlauchboot ist ein unberechenbares Wesen mit einem eigenen Willen, dem absolut nicht zu trauen ist. Obwohl ich meinen Bertl sehr mag, macht er doch ab und an mal seltsame Sachen. Insbesondere bei bestimmten Kombination von Wind und Strömung begibt es sich schon mal, dass der Bertl, wenn er am Heck der Robulla angebunden ist, nächtens in sie reinbummst und mich dadurch wachhält. Kein erstrebenswerter Zustand. Zum Glück gibt es dagegen Abhilfe: Bertl wird gehängt.
Das Aufhängen des Schlauchboots bringt noch einige andere Vorteile mit sich: Regenwasser kann aus dem Schlauchboot abfließen, es sammelt sich deutlich weniger Bewuchs an und möglichen Dieben wird das Leben ein bisschen schwerer gemacht.
Um sein Schlauchboot aufzuhängen, gibt es fertige „Schlauchboot Hebegeschirre“ ab rund 100€ käuflich zu erwerben, man kann sich das aber auch mit ein paar Metern Dyneema und einem Edelstahlring sehr einfach selbst machen. Wichtig ist dabei, dass die Länge der einzelnen Parten verstellbar ist, denn je nachdem ob hinten ein Außenborder dranhängt, oder ihr mal etwas im Schlauchboot lagert (zum Beispiel den Müll, der demnächst weggebracht werden soll), möchte man das Ding austarieren können.
Aufbau und Funktionsprinzip
Von dem zentralen Ring aus gehen 4 Leinen zu den Hebeaugen des Schlauchboots. Möglicherweise hat dein Beiboot am Bug nur ein dafür vorgesehenes Auge, dann brauchst du selbstverständlich nur 3 Leinen.
Jeder der Leinen hat um den Ring herum eine verstellbare Schlinge und am anderen Ende einen fixen Augspleiß.
Wer als Arborist tätig ist, viel in Hängematten rumhängt oder auf Slacklines rumturnt wird jetzt möglicherweise aufhorchen und sich denken „Moment, das kenne ich!“. Korrekt, denn das habe ich mir gar nicht selbst ausgedacht, sondern findet man als „Whoopie Sling“ zuhauf in den vorhin genannten Bereichen.
Dyneema
Ich bin ein großer Freund des nackigen Dyneemas, weil es vollkommen idiotensicher zu spleißen ist und dabei nicht mal teures Werkzeug benötigt und außerdem extrem leicht ist. Bereits 1mm dickes Dyneema reicht von der Bruchlast her für 195daN (ca. 199kg) und damit für die allermeisten Schlauchboote inklusive Außenborder aus, ist aber nicht gerade sehr handlich. Ich habe mich für 5mm entschieden, ich denke ab 3mm kann man damit gut arbeiten. Preislich kostet der Meter 3mm 0,90€, für einen Meter vom 5mm Dyneema muss man rund 2,40€ auf den Tresen legen. Ich kaufe das sehr gerne beim Fockschot-Shop.
Wieviel du benötigst hängt von der Länge deines Schlauchboots ab und vom Durchmesser des Dyneemas, da die Spleißlängen abhängig vom Durchmesser sind.
Maßnehmen
Ich bin hier vollkommen unwissenschaftlich vorgegangen und bin sicher, dass man das auch alles bestimmt gut ausrechnen kann. Ich habe die Distanz zwischen A und B gemessen, durch 2 geteilt, beschlossen dass vorne länger sein muss als hinten (wegen potenziell mehr Gewicht hinten durch den AB), Sicherheitsmarge draufgepackt, alles verworfen und jedes Stück einfach 120cm lang gemacht für mein 230cm langes Beiboot. Dafür benötigt man jeweils 150cm Dyneema, insgesamt also 6 Meter (bei 5mm Dyneema). Willst du noch Softschäkel bauen, benötigst du zusätzlich noch je Schäkel 78cm Dyneema.
Weiteres Material und Werkzeug
Du brauchst zusätzlich noch ein bisschen Takelgarn für die Softschäkel (ca. 40cm) und einen Edelstahlring.
Als Werkzeug brauchst du
- Ein Spleißwerkzeug. Bei Dyneema bietet sich etwas ähnlich der „D-Splicer“ an. Das kann man aus festerem Draht selbst basteln, bei mir an Bord ist das ein ausrangierter und umgebogener Drahtkleiderbügel. Mit klassischen Spleißnadeln arbeite ich bei Dyneema nicht so gerne, weil es gerne hinten rausrutscht
- Eine wirklich scharfe Schere oder Messer. *wirklich* scharf, sonst macht das keinen Spaß.
- Maßband oder Zollstock
- Edding oder ähnlich für die Markierungen
Vorgehen
Augspleiß = Brummel Lock Splice
Super einfach, ich nutze dafür sehr gerne die Anleitungen von Premium Ropes. Da hier keine mega Belastungen aufkommen wird, hab ich ein bisschen gespart bei den Markierungen und „A“ bei 20cm und „B“ bei 30cm (also 10 cm von A entfernt) gesetzt. Zusammenfassen kann man den Spleiß mit:
- Kurz durch lang bei B
- Durchziehen bis A durch B ist
- Lang durch kurz bei A
- Kurzes Ende im langen vergraben
Schlinge
Noch einfacher. Ausgehend von dort wo du beim Augspleiß das Ende des vergrabenen Teils spüren kannst, misst du ca 3-5 cm zum „freien“ Teil hin und markierst Punkt C. Von dort aus misst du 30cm und markierst D.
Nun führst du das freie Ende bei D ein und lässt es bei C wieder rauskommen.
Dann markierst du an diesem durchgesteckten Teil vom Ende her bei 5cm E. Führe das Ende bei E ein und vergrabe es vollständig in dem „Mantel“. Es geht hier nur darum eine Verdickung herzustellen, so dass das Ende nicht mehr bei C reinrutschen kann.
Fertig.
Du kannst die Schlinge jetzt verstellen, solange keine Last darauf ist. Sobald sie belastet wird, beklemmt sie sich selber (nach demselben Prinzip wie die Cousin Trestec Constrictor Fallenstopper).
Ein okayishes Video dazu finde ich ist dieses hier: https://www.youtube.com/watch?v=fyv1A7db7ZY&t=272s
Softschäkel
Ich habe noch 4 Softschäkel gebaut, nach dieser Anleitung von Premium Ropes:
Dabei habe ich 78cm 5mm Dyneema verwendet und auch 18cm zwischen M und B abgemessen.
Tipps
- Bei mir hat die Verdickung an den Enden allein nicht gereicht, um das zurückrutschen der Schlinge zu verhindern und deshalb habe ich noch 8er Knoten gesetzt.
- Bei viel Wind solltet ihr den Bug des Schlauchboots nach unten hin festsetzen, um Rückwärtssaltos zu vermeiden
- Das Heck sollte immer etwas tiefer hängen und das Lenzding geöffnet sein, insbesondere wenn es regnet 😉
Schreibe einen Kommentar